Bericht aus "HIGH PERFORMANCE" Ausgabe 03/1994

Evolution

Eine ganz persönliche Softail hat sich Werner Hohenschläger „gegönnt“. Alfred Kellinger nahm das Bike gründlich unter die Lupe.

Als Werners Softail 1986 das Werk Milwaukee verließ, konnte sie bestimmt nicht ahnen, dass es in Bayern, genauer gesagt in Kissing, einen Mann gibt, der sich mit der bisherigen Evolution dieser Modelle nicht zufrieden geben wird. Was ihr hier sehen könnt, wurde bis auf den Rahmen, auseinandergerissen. Überflüssiger Taiwan-Schrott sowie Motor und Teile die nicht zu einem positiven Fahrverhalten dienten, mussten neuesten High Tech Teilen weichen.
Werner gehört zu jener Gattung Mensch, die man "Detailist" oder "Perfektionist" nennt. Er verbringt mehr Zeit an Detail-Lösungen als andere an einer ganzen Maschine. Doch bevor wir uns der Technik zuwenden, wollen wir einiges über den Mensch erfahren, um das zu verstehen was er mit dieser Maschine erreichen wollte.
Nach einer rapiden Karriere im Sandbahn-Sport (Disziplin Gespannfahren), dazu gehören ein paar nationale und internationele Titel, verließ Werner vor drei Jahren die Bahnsport-Szene. Er baute damals sämtliche fahrbaren Untersätze, die ihm zu seinen Titeln verhalfen, selbst. Zu jener Zeit rief er noch per E-Starter seine seelenlosen japanischen Rennboliden ins Leben. Außer Tanken und dem Dreh am Gasgriff hatte Werner diesen Maschinen keine größere Aufmerksamkeit geschenkt.
Doch was bewegte Werner schließlich dazu auf eine Harley zu steigen?
Sicherlich nicht der Mythos oder die Leistungsentfaltung des Original-Treibwerks. Wie er sagt musste er eines Tages feststellen, dass er mit dem Japaner nicht so schnell fahren konnte wie dieser an Wert verliert und das war sie, die Herausforderung. Er wollte eine Harley, die er richtig schnell machen würde.
Vor zweieinhalb Jahren erwarb er eine Softail so enorm günstig, er stellte die Basis für die folgende Evolution. In der ersten Phase des Umbaues kümmerte er sich weniger um die äußeren Dinge am Motorrad. Er dachte an innere Werte. Lediglich eine Wide Glide Gabel, ein dickeres Hinterrad und eine neue Bremsanlage kamen zum Einsatz. Doch im Triebwerk fand im wahrsten Sinne des Wortes die Evolution statt, denn er baute es komplett nach seinen Vorstellungen und Kenntnissen als Tuner auf.
Dazu gehören folgende Komponenten: Eigenmodifiziertes Delcorn-Gehäuse, S&S Side-winder-Kit 96“, Stößel halbstarr, Nocke Rivera ST2, 4-Ventil-Köpfe von Rivera, Dyna Singe Fire und 2 Bing-Vergaser, um nur einiges zu nennen. Alle Feinheiten verrät er sowieso nicht.
Entscheidend für ihn, dass das Aggregat ca. 100 PS auf dem Prüfstand leistete. Verzögert wurde das Monster über die alt-bewährten Brembo-Bremszangen. Doch in der Saison 93 stellten sich erste Probleme ein. Nicht nur mit dem Motor, denn der war kerngesund, sondern das Fahrwerk war Werners Ansprüchen und der Leistung des Motors nicht gewachsen. Nun als die 93er Saison dem Ende zuging, das Laub sich färbte und der Herbst nahte, verschwand Werner samt seiner Softail in der Garage. Jetzt, in der zweiten Phase des Umbaues wurde auch das letzte unnützige Teil verbannt, bis nur noch Werner, den Rahmen und der Motor in der Garage standen.
Jetzt hieß es nur noch die High Tech Parts zu verbauen. Dazu gehörte eine Upside-Down-Gabel (die in einer selbst gebauten 0-Grand-Alubrücke steckt), 17 x 3,5' Vorderrad, hinten 16 x 5' Rad, beide Aluminium von Akront. Für bessere Bodenhaftung sorgen die Metzeler-Reifen, 130/80-17 vorn, 160/70-16 hinten. Hinten kamen Dämpfer von Progressive Suspension zum Einsatz. Er baute zwei kleine Alu-Ölfäßchen. Um die richtige Drehzahl im Auge zu behalten, installierte er in Blickrichtung einen Drehzahlmesser. Die momentane Geschwindigkeit entnimmt er einem digitalen Tacho. Doch was geschah mit dem Motor?
Da hatte er nochmals ganze Arbeit geleistet, z. B. das Monster wird jetzt mittels zweier 40er Dell’Ortos gefüttert. Die Abgase entweichen über eine selbstgebaute 2 in 1 Supertrapp-Auspuffanlage. Wo andere mit der Verdichtung hochgehen, ging der diesmal runter. Dazu meinte er nur lächelnd: "Um das Anklicken zu erleichtern, denn der E-Starter hat schon längst den Geist aufgegeben".
Die Kupplung musste auch durch eine neue ersetzt werden, denn die herkömmlichen Dinger waren der Leistung auch nicht gewachsen. Ein paar Sätze noch zur neuen Kupplung. Es ist eine 3 Zoll Kupplung und diese ist im Prinzip eine aus dem Bahnsport übernommene Kupplung.